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ESC20 – Ein kurzer Bericht

von Meik Nörling

ESC, das bedeutet in diesem Fall nicht Escape (obwohl das, bezogen auf das Nenbutsu und diese leidvolle Welt, das „Brennende Haus“, schon irgendwie passen würde!), sondern „European Shin Conference“, also Europäische Shin-Buddhistische Konferenz. Diese fand Anfang September – jetzt zum zwanzigsten Mal – im EKO-Haus der japanischen Kultur in Düsseldorf statt. Seit 1980 wird alle zwei Jahre zum ESC eingeladen. Die vorherige Konferenz, ESC19, wurde 2018 in Southampton von der dortigen Sangha um Rev. Gary Robinson und dem Chomon House ausgerichtet. Eigentlich sollte die ESC20 im Spätsommer 2020 in Düsseldorf und Mönchengladbach (EKO-Haus und Anjin-Do) stattfinden, aber coronabedingt musste die Konferenz dann zeitlich, und bedingt durch die Auflösung des Anjin-Do auch örtlich, verschoben werden.

Auch schon vor den eigentlichen ESC20-Tagen (4.-6. September 2023, Montag bis Mittwoch) gab es ein paar shin-buddhistische Events und Feierlichkeiten. So wurde am Morgen des 1. September feierlich das 30. Jubiläum des EKO-Hauses und des dazugehörigen buddhistischen Tempels Sanposan Ekoji begangen. Am Nachmittag erhielten 18 Leute aus verschiedenen Ländern vom aktuellen Oberhaupt der Jodo Shinshu Nishi Hongwanji-ha, Seiner Eminenz Kojun Othani, dem 25. Gomonshu des Haupttempels Ryukokuzan Hongwanji in Kyoto, ihre Laien-Ordination (Kikyoshiki).

Die Kikyoshiki- und Konferenz-Teilnehmer reisten aus verschiedenen Ländern rund um den Globus an: Japan, USA, Kanada, Brasilien, Spanien, Großbritannien, Belgien, Niederlande, Deutschland, Schweiz. Da viele bereits vor dem eigentlichen Konferenzbeginn schon in Düsseldorf angekommen waren, konnte man die Zeit bis zum Start auch zum Austausch und Kennenlernen nutzen.

Die eigentliche Konferenz begann dann am Montagmorgen mit einer buddhistischen Andacht im Konferenzsaal des EKO-Hauses, welcher, mit einem universellen buddhistischen Altar ausgestattet, auch als Tempel fungieren kann. Etwa 50 Personen nahmen vor Ort und ungefähr 15 Personen via Zoom online teil. Nach Eröffnungsworten von Rev. Matsumaru-Sensei (vor Ort) und von Zenmon-sama, dem 24., nunmehr emeritierten Gomonshu und Vater des aktuellen Oberhauptes (via Videobotschaft), starteten die ESC20-Vorträge, welche sich rund um das Themengebiet „Mitgefühl und Praxis bei Jodo Shinshu“ bewegten. Im Anschluss an die Vorträge konnten jeweils Fragen gestellt werden. Ab und an war schon zu merken, dass gewisse Themen auch Potenzial zur Kontroverse hatte.

Rev. Kuwahara-Sensei begann mit dem Eröffnungsvortrag direkt zum ESC20-Thema. Er stellte im Kern klar, dass wahrhaft reines Mitgefühl letztlich nur vom Buddha ausgehen kann, und dass man auf dem shin-buddhistischen Weg seine Praxis oft auch einfach nur darin findet, dass man mit anderen Shin-Buddhisten gemeinsam isst, trinkt und sich dabei über den Dharma austauscht.

Die weiteren Vortragenden des Tages waren:

  • Kenneth Mullen (online) mit dem Thema „Kannon: Amidas Mitgefühl in Aktion“
  • Rev. Ducor-Sensei mit dem Vortrag „Die Lehren von Shonyo Shonin, dem 23. Patriarchen des Hongwanji“
  • Xuan Phuc Nguyen erzählte seine eigene Lebensgeschichte und stellte die Frage „Geburt im Reinen Land – augenblicklich oder am Ende des Lebens?“.

Nach einer Obento-Mittagspause wurden die Vorträge fortgesetzt:

  • Rev. Dinca-Sensei (online) musste sich bei ihrem Vortrag „Der Edle Achtfache Pfad; vier Arten der Übung in Honen Shonins Senjakushu“ mit technischen Tonproblemen auseinandersetzen.
  • Rev. Arai-Sensei sprach über „Mitgefühl auf dem Reinen Land-Pfad am Beispiel von Honen“.
  • Rev. Galvan-Alvarez-Sensei und Rev. Matsunaga-Sensei referierten über „Erschaffung eines mitfühlenden Raums: Rituale, Praxis und Architektur der Jodo Shinshu“.
  • Alain De Preter stellte den wiederbelebten Tempel Jikoji in Belgien vor.
  • Rev. Galvan-Alvarez-Sensei stellte gemeinsam mit einem Sangha-Mitglied, Javier Tomelloso, die Online-Sangha Jinen-ko vor, die vorwiegend Spanisch gebraucht.

Der Konferenztag wurde mit einem Abendessen im Brauhaus Johannes Albrecht beschlossen.

Auch Dienstag bot die ESC20 ein volles Programm, welches nach einer kurzen Andacht und Grußworten, diesmal von Rev. Sasaki-Sensei (IABC) und Rev. Dake-Sensei (IASBS, per Video) mit Vorträgen fortgesetzt wurde:

  • Rev. Kashiwahara-Sensei (online) hielt einen Vortrag mit dem Titel „Weder Mitgefühl noch Praxis“.
  • Rev. Ewers-Senseis Vortrag trug das Thema „Mitgefühl und Praxis im alltäglichen Leben“.
  • Rev. Sasaki-Sensei stellte die Frage „Was ist „Großes Mitgefühl“ im Shin-Buddhismus“.
  • Rev. Dunn-Sensei stellte „Dichtkunst als Praxis“ vor.
  • Günter Peters referierte über „Metta-Meditation“.
  • Rev. Quirke-Thornton-Sensei stellte die „Seelsorgerische Tätigkeit in Großbritannien aus Shin-Buddhistischer Perspektive“ vor.

Zum Mittagessen gab es wieder eine leckere Obento-Box. Viele genossen das schöne Wetter anschließend im Tempelgarten des EKO-Hauses bis das ESC20-Programm fortgesetzt wurde.

Der Nachmittag stand im Zeichen des Themengebiets „Übersetzungen“ und die Rev. Miyaji-Sensei, Ducor-Sensei und Nottelmann-Feil-Sensei referierten jeweils über das Übersetzen ins Englische, Französische und Deutsche. Schließlich diskutierten sie dann untereinander und mit den Teilnehmenden über die Problematiken des Übersetzens.

Während einer Pause wurde ein Info-Video über die Buddhist Churches of America (BCA) und deren Zentrum für Buddhistische Bildung eingespielt.

Es folgte die Jubiläumsandacht zur 20. ESC in der Haupthalle des Eko-Tempels. Neun Priester nahmen im Naijin (der “innere Bereich”) teil, alle anderen Konferenzteilnehmer im Gejin, in den Sitzreihen davor. Ein vierköpfiges Gagaku-Ensemble unterstützte die Andacht durch einschlägige Klänge. Das Ganze wurde gekrönt von einem wunderbaren Dharma-Talk von Rev. Quirke-Thornton-Sensei, der seine beiden vorher verfassten Predigten einfach ignorierte und eine aus dem Augenblick geborene Dharma-Unterweisung gab. Anschließend versammelten sich alle Teilnehmer zum Gruppenfoto und spazierten dann zum Italiener „Spaghetti & Stars“ um den Tag bei Gesprächen, Bier, Wein, alkoholfreien Getränken und mehreren Gängen (wahlweise auch vegetarisch) ausklingen zu lassen.

Der letzte Konferenztag begann am Mittwoch wieder mit einer kurzen Andacht im Konferenzsaal. Im Anschluss berichtete Rev. Ilona Evers von der aktuellen Entwicklung in der BGJ-D.

Es wurde dann über die nächste ESC gesprochen, Vorschläge wurden gemacht und diskutiert. Letztlich kamen die Versammelten überein, dass die ESC21 in zwei Jahren (2025) in Großbritannien, vorzugsweise in Oxford, stattfinden sollte und dass das Thema „Frieden und Harmonie“ sein sollte.

Im Anschluss überreichten mir Rev. Kuwahara-Sensei und Rev. Umezu-Sensei mein Zertifikat welches die erfolgreiche Teilnahme am Jodo Shinshu Correspondence Course (JSCC) bestätigte – ein bisschen Werbung für den Online-Kurs kann halt nicht schaden.

Die beiden letzten Vorträge hielten:

  • Markus Rüsch zum Thema „Jodo Shinshu-Praxis in Süd-Kyushu und ihre Bedeutung für die Definition von Jodo Shinshu-Orthodoxy“, sowie
  • Rev. Ducor-Sensei über die „Resultate des Nenbutsu“.

Rev. Matsumaru-Senei dankte in seinem Schlusswort allen Vortragenden, Unterstützern und Teilnehmern, wünschte gute Heimreisen und sagte „Auf Wiedersehen!“.

Die ESC20 hat mir sehr gut gefallen. Es war erst meine zweite ESC, aber trotzdem tat es sehr gut und war schön, vielen Leute wieder zu begegnen, die man das letzte Mal vor der Pandemie, bei der ESC19 in Southampton oder bei den jährlichen Hoonko-Seminaren in EKO-Haus das letzte Mal gesehen hatte. Auch einigen Dharma-Freunde, mit denen ich schon seit Monaten und Jahren online Andachten halte und über die Lehren Buddhas spreche, bin ich zum ersten Mal oder seit Jahren wieder „live“ begegnet – wunderbar! Einiges habe ich aus den Vorträgen gelernt und mitgenommen, habe Inspirationen für kommende Reisen erhalten, aber auch viele interessante Dinge und Aspekte des Dharmas in den Gesprächen zwischendurch und „am Rande“ erfahren. Es tut gut, live mit so vielen Dharma-Freunden Andacht zu halten. Das gemeinsame Rezitieren der gängigen Andachts-Texte, insbesondere des Shoshinge bei der Jubiläumsandacht aber auch des Junirai am letzten Morgen erzeugten bei mir wirklich „Gänsehaut-Feeling“. Ich freue mich schon auf das Hoonko-Seminar im kommenden November (das Hotel ist gebucht!), welches sich immer wie eine „kleine ESC“ anfühlt und natürlich noch mehr auf die ESC21 in zwei Jahren in Oxford!

Namo-Amida-Butsu

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